WindGear by Joern Heinrich - BASICS: Windfahne (2024)

WindGear by Joern Heinrich - BASICS: Windfahne (1) BASICS: Transmission, dieÜbertragung von Kursfehler auf Ruderkorrektur

Die Windfahne wird so um ihre Vertikalachse gedreht undfestgesetzt, dass sie im scheinbaren Wind senkrecht steht. Bei einerKursabweichung schlägt sie infolge Seitenwind um ihre Achse aus, drehtüber eine Vertikalschubstange und zwei Hebel einen in Pendelachsegelagerten Drehschaft, der wiederum das Servoruder um seine Hochachsedreht. Dadurch schwingt das Servoruder um die Pendelachse seitlich aus,bis es im stationären Zustand den Drehschaftwinkel erreicht.
Im Folgenden werden die geometrischen Zusammenhänge zwischenKursabweichung, Windfahnen-Achsenneigung, Windfahnenrotation,Drehschaftrotation, Servoruderanstellung, Drehmomentoutput,Ruderkorrekturwinkel und Steuerweg wiedergegeben. Es werden die beidengängigen Übertragungsprinzipien Z-Schaft-Mechanik sowieKegelradübertragung mit der bei der WindGear-Anlage eingesetztenMurray-Gleitblockgelenkübertragung hinsichtlich der Kraftentwicklungbei unterschiedlichen Sollkursabweichungen verglichen.

Kursfehler erzeugt Windfahnenrotation

Der Rotationswinkel der Windfahne (Wrot°) beigegebener Abweichung vom Sollkurs (Cerr°) ist nach Jan Alkemaabhängig von der Krängung (H°), dem Kurs zum scheinbaren Wind (KZW°)und der Neigung der Windfahnenachse gegen die Horizontale (Wtilt°):

Wrot° = ARCTAN( TAN(Cerr°) / SIN(Wtilt°+ H° * SIN(KZW°)) )______________ [1]

KZW° ist im Bereich von 0°...180°, wobei 180° genauachterlichen scheinbaren Wind bedeutet und 90° einen annäherndenHalbwindkurs.
Wtilt°, die Neigung der Windfahne gegen dieHorizontale ist bei den meisten heutigen Windfahnensteuerungen einFestwert und beträgt 20°.
Cerr°, die Abweichung vom Sollkurs setzt dieWindfahne einer Seitenwindkomponente aus und verursacht deren Rotationum ihre Achse.
Wrot°, die Windfahnenrotation, ist der Betrag,um den sich die Windfahne bei gegebener Kursabweichung dreht, um wiederparallel zu den Stromlinien im Wind zu stehen. Die maximaleWindfahnenrotation ist wegen ihrer Hebelübertragung auf eineVertikalschubstange begrenzt, Totpunkte gibt es bei +/-90°, dennweitere Drehung kann ein einfacher Hebel an einer Achse nicht in einelineare Bewegung übertragen. Die meisten Windfahnen haben zurVermeidung des Erreichens des oberen oder unteren Totpunktes sowiewegen der Gelenkenden der Übertragungshebel eine Limitierung derWindfahnenrotation bei ca. +/-50 bis +/-60°.

Windfahnenrotation erzeugt Drehschaftrotation

Wie weit eine Vertikalschubstange vom Hebel an der Windfahne auf- oderabbewegt wird (V), hängt sowohl von der Länge des Hebels (OH)als auch der Windfahnneigung gegen die Horizontale (Wtilt°)ab. Die Übertragung der Windfahnenrotation (Wrot°)über einen Hebel der Länge OH auf eine Vertikalschubstangelässt sich wie folgt beschreiben:

V = OH * COS(Wtilt°) * SIN(Wrot°)____________________________________[2]

Die Vertikalschubstange dreht durch ihre Auf-oder Abwärtsbewegung (V)über einen weiteren horizontalen Hebel der Länge UH den in derPendelachse befindlichen Drehschaft um einen Winkel . DieserDrehwinkel entspricht im stationären Zustand dem Pendelwinkel desServoruders. Die Drehschaftdrehung in Abhängigkeit von der linearenBewegung der Vertikalschubstange lässt sich beschreiben durch:

p° = ARCSIN( V / UH)______________________________________________[3]

mit Gleichung [2] zu:

p° = ARCSIN( OH /UH * COS(Wtilt°) * SIN(Wrot°))_______________________[4]

Die Limitierungen der Windfahnenrotation definieren demnach gemeinsammit der Neigung der Windfahnenachse gegen die horizontale, sowie demVerhältnis der Hebel an Windfahne und Drehschaft den maximalenPendelwinkel. Aus diesem ergibt sich mit der Servoausgangshebellängedamit der maximal von der Anlage erzeugten Steuerweg.

Drehschaftrotation erzeugt Servoruder-Anstellung

Den meisten heutigen Servo-Windfahnensteuerungen mitHorizontalwindfahne ist gemeinsam, dass an der Windfahne waagerecht einHebel befestigt ist, der über eine vertikale Schubstange einen Hebel aneinem horizontalen, in der Pendelachse liegenden Drehschaft betätigt.Und diesen Drehschaft damit um einen bestimmten Winkelbetrag dreht. DieÜbertragung dieses Drehschaftwinkels auf die Anstellung des Servorudersgegen die Schiffslängsachse ist jedoch unterschiedlich, gebräuchlichsind:

- Kegelradgetriebe (Bevel Gear)
- Z-Schaft Übertragung
- Murray-Gleitblockgelenk (WindGear)

Im Folgenden werden diese Transmissionsprinzipien hinsichtlich ihresrelativen Servodrehmomentoutputs bei jeweils unterschiedlichenSollkursabweichungen verglichen.

Kegelradgetriebe (Bevel Gear)

Beim Kegelradgetriebe sitzt am achteren Ende des horizontalenDrehschaftes ein Kegelrad, am oberen Ende des drehbarenServoruderschaftes ein anderes. Dreht sich der Drehschaft, so wirddieser Drehwinkel () auf die Servoruderanstellung (Satt°)im Untersetzungsverhältnis (Ftrm) der beidenKegelräder übertragen. Von den meisten Herstellern wird hierzu eineUntersetzung 1:0.5 (=2) eingesetzt, was bei einer Drehschaftdrehung um10° einer Servoruderanstellung um 5° entspricht. Es ergibt sich derfolgende einfache Zusammenhang zwischen Drehschaftrotation ()und Servoruderanstellung (Satt°):

Satt° = p° / Ftrm_____________________________________________________[5]

WindGear by Joern Heinrich - BASICS: Windfahne (2)Von Vorteil ist bei der Kegelradübertragung, dass man dasServoruder in Pendelrichtung unbegrenzt am Getriebe drehen kann, unddamit seitlich aus dem Wasser herausschwenken kann. Nachteilig ist,dass sich das Spiel der Übertragungsmechanik schnell vergrößert, wenndie Achsenlagerungen - speziell das Servoruderlager Spiel bekommt. Die"Hebel" am Getriebe betragen üblicherweise um 15 bis 20 mm beim großenund 7 - 14 mm am kleinen Kegelrad. Ein kleines mechanisches Spiel beiderart kleinem Hebel wirkt sich störender auf die gesamte Hysterese derAnlage aus, als das gleiche Spiel bei einem größeren Hebel.

Z-Schaft Übertragung

Bei der Z-Schaft-Übertragung ist der Drehschaft Z-förmig gestaltet(liegendes Z). Der schräge Teil des Drehschaftes sitzt in einemvertikalen Schlitz im Servoruderschaft. Dreht sich der Drehschaft undkippt damit den schrägen Teil aus der vertikalen, so erfolgt ein Druckder Z-Schenkel an den gegenüberliegenden Innenseiten des Schlitzes unddreht den Servoruderschaft.
Der Drehwinkel bei der Z-Schaft-Übertragung ist wie folgt abhängig vomWinkel des schrägen Abschnitts des Drehschaftes () und derDrehschaftrotation ():

Satt° = ARCTAN (SIN(p°) *TAN(Z°))________________________________[6]

WindGear by Joern Heinrich - BASICS: Windfahne (3)Bei der skizzierten, einfachen Z-Schaft Transmission wirddie Kraft über eine sehr kleine Fläche im Schaftschlitz übertragen.Sofern dort nicht noch eine Gleitmuffe vorhanden ist, liegt derZ-Schaft nur mit seiner Rundung auf den Schlitzflanken auf. Erüberträgt den größten Teil der Kraft nur außen am Schaftschlitz auf denServoruderschaft. Gleichzeitig ist die Hebellänge hier nur im Bereichdes Radius des Servoruderschaftes - also 15-25 mm, radial zumDrehschaft nur ein Drittel davon(!). Ein Wellenschlag auf dasServoruder, der jenes um die Hochachse gegen den Widerstand derWindfahne drehen will, trifft bei der Z-Schaft-Mechanik die winzigenKontaktflächen zwischen Schlitz-Innenwänden und Z-Schaft mithebelbedingt sehr hohem punktuellen Druck. Auch hier führt bereitsgeringes mechanisches Spiel zu einem großen toten Winkel (Hysterese) umdie Steuer-Nullage.

Murray-Gleitblockgelenk, rechtwinkliges Gestänge

Die Übertragung wird ausgeführt über ein zweiteiliges Gleitblockgelenkmit gegeneinander drehbaren Blöcken, die je eine Bohrung für einenHebel haben. Das Gleitblockgelenk ist leicht verschiebbar auf denHebeln. Am Drehschaft ist eine vertikale Steuerstange befestigt, dieüber das Gleitblockgelenk ihre Auslenkung auf die horizontaleServoruderpinne überträgt. Die Servoruderpinne dreht das Servoruder umseine Hochachse (Satt°).
Der Zusammenhang zwischen Drehschaftrotation(p°) undServoruderanstellung (Satt°) lautet mit:
K = vertikaler Abstand des Gleitblockgelenkes von derPendelachse
L = horizontaler Abstand des Gleitblockgelenkes von derServoruder-Hochachse

Satt° = ARCTAN (TAN(p°) * K[mm] / L[mm])_____________________________[7]

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Bei dieser Übertragungsmechanik wirkt sich das Spiel imÜbertragungselement in sehr geringem Maß auf die Hysterese (Gesamtspielin der Übertragung) aus, weil die Hebel vergleichsweise lang sind.

Numerischer Vergleich der drei Übertragungsprinzipien

Die drei unterschiedlichen Übertragungsprinzipien erzeugen eineunterschiedliche Anstellung des Servoruders mit der Drehschaftrotation(p°). Die Steuerkraft des Servoruders jedoch ist proportional zu seinemAnstellwinkel (Satt°). Das heißt, dass die dreiÜbertragungsprinzipien einen unterschiedlichen Verlauf derKraftentwicklung mit steigender Kursabweichung zeigen. Es werden fürdie Berechnungen eingesetzt:

- Windfahnen-Achsenneigung alle = 20°
- Z-Schaft-Mechanik hat 30° Z-Winkel
- Kegelradgetriebe hat Winkeluntersetzung 1:0,5
- Murray-Gestänge hat Geometrie K= 50 und L=100 [mm]

Die genannten Ausgangsbedingungen sind marktüblichen Anlagen entnommenund für die erzielten Anfangswinkel vergleichbar. Die Übertragung vonWindfahnenrotation auf die Drehschaftrotation geht von identischenRahmenbedingungen aus. Das Verhältnis von oberem Horizontalhebel zuunterem Horizontalhebel ist so gewählt (45 mm / 43 mm), dass dieWindfahnenrotation in etwa der Drehschaftrotation entsprich.

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Auf der Y-Achse ist aufgetragen die Anstellwinkeländerung desServoruders je °Kursfehler. Diese ist proportional zum Zuwachs anKraftoutput je Grad zusätzlichem Kursfehler. Auf der X-Achse ist derabsolute Kursfehler und die jeweils dazu korrespondierende steady-StateWindfahnenrotation aufgetragen.
Klar ersichtlich ist, dass eine 30°-Z-Schaft-Mechanik bei geringenKursfehlern kleiner als 7° bis 10° einen Vorteil gegenüber demMurray-Link und dem Kegelradgetriebe bietet. Über 10° Kursfehler nimmtbei der Z-Schaft-Mechanik das je Grad Kursfehler zusätzlich erzeugteServodrehmoment jedoch stärker ab.
Die Gestänge/Gleitblockübertragung (Murray-Link) startet bei gleicherAnfangskraftentwicklung wie das Kegelradgetriebe, doch weist beistärkeren Kursabweichungen als 5° ein stärker steigendesServodrehmoment als das Kegelradgetriebe auf. Bei einem Kursfehler von15° erzeugt der Murray-Link je Grad zusätzlichem Kursfehler einedeutlich größere Servoruderanstellung.
Damit bietet der Murray-Link gegenüber den beiden anderen Prinzipieneinen höheren nutzbaren Dynamikbereich des Windfahnenausschlags, derauch bei großen, schnellen weil wellenbedingten Sollkursabweichungenmit vergleichsweise stärkerem und schnellerem Gegenruder aufwartet.
Von der anderen Seite her betrachtet: Gerät eine Yacht mit einerZ-Schaft-Windselbststeuerung auf raumem Kurs durch eine schnelleGierbewegung quer zur Welle, oder duch eine plötzliche Windänderung ineiner Boe Amwind sehr rasch an das Ende des Windfahnenausschlags, soentwickelt das Servoruder dieser Anlage zum Gegensteuern weniger Kraftgegenüber der Anlage mit Murray-Gleitblockverbindung oderKegelradgetriebe.
Andererseits ist bei einer Z-Schaft-Mechanik mit 30°-Z der Bereich derKursabweichungen bis 5° schneller und damit präziser ausgesteuert alsbei den beiden anderen Transmissionstypen. Vorausgesetzt war dabei ein30°-Z-Schaft, eine 1:0.5-Kegelraduntersetzung und eine 50:100Hebel-Geometrie.
Bei einem Kursfehler größer 12° unterschreitet die Z-Schaft-Mechanikdie absolute Steuerkraft der Gleitblockübertragung, bei einemKursfehler von schließlich 17° jene des Kegelradgetriebes (Auftragungder erzielten Servoruderanstellwinkel Satt° gegen den KursfehlerCerr°):

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Es ist aus diesen erzielten Absolut-Anstellwinkeln des Servorudersersichtlich, dass speziell für wendige Kurzkieler das Prinzip derGleitblock-Hebelgestängeübertragung Vorteile bietet. Fälle, in denenein Kursfehler schnell größer als 15° Grad wird, sind auf einer kleinenFahrtenyacht im Seerevier wellenbedingt ab Bft 5-6 bereits häufig,besonders auf halbem bis achterlichem Kurs.

Variation der Hebelgestänge-Geometrie und Windfahnenneigung

Bei der WindGear-Anlage ist das Verhältnis von Steuerstangenlänge (L)zu Servopinnenlänge (K) nicht 50:100 sondern rechneroptimiert größergewählt. Bei gleicher Neigung der Windfahnenachse von 20° ergibt sichdas folgende Bild der WindGear-Geometrie im Vergleich zum 30°-Z-Schaftsowie zur 1:0.5 Winkeluntersetzung per Kegelradgetriebe:

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In der eingesetzten Windfahneneinstellung (alle mit 20° Neigung) istbereits in der Nullage bei geringsten Kursabweichungen derServodrehmoment-Zuwachs je Grad Kursabweichung der WindGear-Geometriehöher als sogar derjenige der Z-Schaft-Mechanik mit 30°-Z. SolcheEinstellung der Windfahne bei 20° oder flacher, bietet sich bei derWindGear-Anlage zum Segeln bei schwachwindigen Bedingungen und geringerSchiffsgeschwindigkeit an.
Um zu vergleichbar kleinen Nullagen-Outputs zu kommen wie eine30°-Z-Schaft- oder Kegelradmechanik mit Untersetzung = 2, wird bei derWindGear-Anlage die Neigung der Windfahnenachse per Stellschraubevergrößert, beispielsweise von obigen 20° auf 23°:

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Und mit diesem kleinen Dreh an der Neigeeinrichtung für dieWindfahnenachse hat man eine Einstellung des Kraftoutputs, die um dieNullage dem 30°-Z-Schaft sowie der 1:0.5-Kegelraduntersetzungebenbürtig, jedoch zu größeren Kursabweichungen deutlich überlegen ist.Wegen der um 3° vergrößerten Neigung der Windfahnenachse verringertsich für den größten Kursfehler (25°) die Windfahnenrotation auf 52°(statt 55) , so dass durch diese bezüglich der Steuerkrafthocheffektive Einstellungsmaßnahme nur marginal etwas vom maximalenSteuerweg (=max Pendelwinkel 48° statt 53°) verlorengeht.

Joern Heinrich 04_2011


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